Frankfurt – Was in den Alpen passiert, passiert nun auch im Rhein-Main-Gebiet: In der Chamissostraße in Frankfurt hat sich ein spektakulärer “Bergrutsch” ereignet. Nicht aus Fels oder Geröll – sondern aus dem feinsten, handverlesenen Sperrmüll, den Ikea, Poco und diverse Wohnungsauflösungen der letzten zehn Jahre zu bieten haben.
Der gesamte Bürgersteig wurde dabei vom Müll verschüttet. Kleidungsstücke und Verpackungen türmen sich auf wackelige Pressspan-Schrankteile, daneben ein ausgemustertes Kinderfahrrad, das vermutlich bereits 1998 als vermisst gemeldet wurde. Auch seltene Fundstücke wie ein Heimtrainer ohne Pedale und ein Flachbildfernseher mit Kugelschreiber im Bildschirm (Kunst oder Wut – unklar) machen die Szenerie zu einem begehbaren Museum der Wegwerfgesellschaft.
Fußgänger weichen inzwischen routiniert auf die Straße aus. “Es hat was von Bergwanderung mit Verkehrsanbindung”, kommentiert eine Passantin. Kinder spielen begeistert “Lawine”, während Autofahrer genervt hupen, weil ihnen plötzlich Menschen mit Wanderschuhen und Kletterseil auf der Straße begegnen.
Stadtgeologen sprechen von einem sogenannten urbanoiden Müllmassiv, das sich durch jahrelange Müllsedimentation und gezielte Entrümpelung von Wohnungen gebildet hat. Erste Analysen lassen vermuten, dass der “Abgang” des Sperrmüllberges durch eine Kombination aus zu viel Kaffee, plötzlichem Entrümpelungsdrang und dem Satz “Das holen die von der Stadt schon irgendwann ab” ausgelöst wurde.
Die Stadt Frankfurt kündigte bereits an, in der Chamissostraße ein neues Frühwarnsystem für “Haushaltsrutsche” zu installieren – eine App namens Trashquake, die bei Erschütterungen durch Sofa-Abwürfe Alarm schlägt. Gleichzeitig prüft man eine Städtepartnerschaft mit dem Schweizer Ort Blatten, wo kürzlich ein echter Bergrutsch Menschen evakuieren ließ. Gemeinsam wolle man “Erfahrungen austauschen, Fels von Fauteuil unterscheiden lernen und interdisziplinäre Lawinenforschung betreiben”.
Bis dahin bleibt der Gehweg unpassierbar – aber auch lehrreich: Der Müllberg erinnert uns daran, wie schnell Besitz zur Last wird. Und dass man auch mitten in Frankfurt plötzlich auf einer Art Mount Trashmore stehen kann. Nur ohne Aussicht – dafür aber mit einer kaputten Stehlampe.
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